An Laetare feiert der Unüberwindliche Grosse Rat zu Stans nicht nur die Pause des Fastens, sondern auch die Vergabe des Ehrenpreises an eine Person, welche etwas Spezielles erschaffen hat.
Im Restaurant Schlüssel in Ennetbürgen wurde Nidwalden geehrt. Nicht das Land oder eine Berühmtheit aus Nidwalden, sondern der Erbauer eines Reliefs, welches in dessen Garten in Beckenried Nidwalden im Massstab 1 : 4000 zeigt. Otto Käslin hat in rund 5’000 Stunden das kleine Nidwalden in Beton erschaffen.
Laudatio
Hohes Ministerium mit dem omnipotenten Reichsschultheissen
Ehrenwerte, durchs Fasten gezeichnete Reichsdamen
Ebensolche, aber tapfere Reichsritter
Geschätzter bald erkürter Ehrenpreisträger
Liebe Gäste
Nach dem tollen einleitenden Film habe ich fast das Gefühl, nichts mehr sagen zu müssen. Doch das würde bedeuten, euch ein paar Fakten und Gedanken zum vorgestellten Werk vorzuenthalten – und nichts mehr zu sagen haben passt nicht zum UGR!
Was wäre, wenn Gott die Erde als Scheibe erschaffen hätte? Mit Rändern, wo man ins Bodenlose fallen würde? Das hätte für unser Unermessliches Reich des UGR eine nicht vorzustellende Einschränkung bedeutet: Es wäre begrenzt und nicht unermesslich gross, sodass es kein Geometer und Landvermesser ausmessen kann!
Was wäre, wenn Gott die Kontinente nicht hätte zusammenrücken lassen, sodass Berge und Täler haben entstehen können, so z.B. Pilatus und Titlis, wie sie in der Nidwaldner Hymne besungen werden? Auch keine Täler, wie das Hochtal zur Engelsburg oder das mit Wasser gefüllte Becken unseres Vierwaldstättersees?
Nein, der Herrgott hat es anders gewollt: Die Erde ist rund, und See und heechi Bärge hat er auch geschaffen!
Einer, der beseelt gewesen ist vom Wunsch, es äs bitzeli dem Schöpfer gleichzutun, wohnt „im schönsten Dorf am schönsten See“, ja natürlich in Beckenried!
Während Gott unendlich viel Zeit – nicht nur 6 Tage -, unbegrenzte Mittel und unermesslich viel Energie zur Verfügung gehabt hat, hat unser Mann aus Beckenried nur ein begrenztes Grundstück, nur beschränkte Ressourcen und nur menschliche Kräfte gehabt für sein Vorhaben. Seine Idee: Nach dem Vorbild unseres Schöpfers – wenigstens ein Stück – unserer Erde zu gestalten.
Er hat aber die Erdoberfläche nicht wie ein Tischtuch zusammenstossen können, damit Berge und Täler entstehen – nein, er hat Schicht für Schicht aufgetragen, wie wir es kennen von den Höhenkurven auf unsern Landkarten. Wer aber glaubt, einfach Stücke aus einem grossen Karton herauszuschneiden und zusammenzukleben genüge dazu, der hat die Rechnung ohne Petrus gemacht: Der lässt es ab und zu regnen und schneien, auch in Beckenried! So hat Zement her müssen, auf dass das Ganze robust und wetterfest werde.
Unser Meister, bescheiden wie er ist, hat nur sein geliebtes Beckenried modellieren wollen. Das ist in den Jahren 2003 bis 2007 entstanden. Doch sein gelungenes Werk hat ihn ermuntert, seine Schaffenskraft auf den ganzen Kanton auszudehnen, denn in seinem Garten hat es noch Platz übrig gehabt. Also hat er sich nochmals ein paar Tonnen Zement beschafft – die Lieferfirma Niederberger in Dallenwil, sein Arbeitgeber, hat bis heute grosszügig „vergessen“, Rechnung zu stellen!
So sind ab 2016, dem Zeitpunkt von Otto‘s Frühpensionierung, nebst dem Klewenstock und dem Schwalmis die weiteren Berge unseres Kantons entstanden. Was uns Reichsritter und -Damen besonders freut: Auch das Hochtal der Engel ist modelliert worden, Lättchännel und alle Höger und Hindernisse für unsere Projekte des Bahnkongresses, ja selbst die Bannalp mit dem See, der Heimat der Haarschnecken! Und natürlich Grafenort-Altzellen mit „unserm“ Dom zu St. Joder, wo wir mit unserm Dompropst alljährlich Messe feiern – das freut und ehrt vor allem das Domkapitel!
In Schichten von je einem halben Zentimeter Dicke – entsprechend 20 Höhenmeter in der Natur – sind die Berge aufgetragen worden. Ich zitiere den „Nidwaldner Blitz“:
„486 Säcke zu je 25 Kilogramm hochfester, frostsicherer Mörtel, 27,4 Kubikmeter Beton, mehr als 4000 Arbeitsstunden und zirka 20‘000 Franken Finanzaufwand bisher – das sind die markanten Eckdaten eines ganz besonderen, 80 Tonnen schweren handgefertigten Meisterstücks. Berge, Täler, Flüsse, Wildbäche, Seen und sogar alle kartografisch erfassten Bahnen und der Hammetschwandlift bilden Nidwalden massstabsgetreu 1:4000 auf einer Fläche von 7.5 x 7.5 Metern ab.“
Bald wird das Werk vollendet sein. Die Leitungen im Innern, wenn sie in der wärmeren Jahreszeit mit Wasser gefüllt sind, speisen die 25 wichtigsten Bäche mit Wasser. Dies geschieht mittels Regenwasser, einem Reservoir mit mehreren Kubikmetern Inhalt und einer Umwälzpumpe.
Der im Film sichtbare Überlauf im See stellt sicher, dass der Wasserspiegel auf der Originalhöhe von 434 m bleibt, und nicht der ganze Kanton in einer Sintflut verschwindet – da würden selbst die Gebete des Domkapitels nicht mehr nützen! Die Seilbahnen – und davon hat unser Kanton ja wahrlich genug! – sind wirklichkeitsgetreu nachgebildet worden. In unbeschreiblicher „Niffeliarbeit“ hat unser Meister feinste Drähtchen in die die vielen, vielen Masten eingezogen; allein im Engelbergertal hat es 200 dieser „Miniatur-Masten“!
Diese sind als Nähnadeln mit ihren kleinen Ösen im Mörtel eingelassen, sodass sie auch einem Sturm standhalten. – Man stelle sich einen Maurer mit der Handhabung feinster Nadeln und Drähtchen einmal vor; wenn das nicht meisterlich ist!
Jetzt kommt dann nochmals der Maler zum Zug: Nachdem unser Meister bereits alle Bäche – vom Wildbach bis zum Aawasser – blau an gepin-pinselt hat, wird er noch die Strassen, den Wald und die Gemeindegrenzen mit passender Farbe versehen. Der Reichsgeodät wird schon genau hinsehen müssen, dass er nicht heimlich die Gemeindegrenzen von Beckenried in Richtung Buochs und Emmetten verschiebt – sonst wäre dann Marco Odermatt plötzlich noch ein Beckenrieder!
Wer meint, unser Preis-Aspirant sei nur oberflächlich, äh – oberirdisch tätig gewesen, täuscht sich gewaltig! Er, der im Untertagebau und bei Bunkern versiert ist, hat es sich nicht nehmen lassen, im Winter 2020/2021 das tonnenschwere Relief wie ein Maulwurf zu untergraben und mit einem Kellerraum zu versehen! Der bietet nebst einer blauen Decke – so blau wie der Beggerieder Himmel – so Einiges an Überraschungen: Ein Fenster mit imitiertem Tageslicht, ein Abwasserschacht mit – gekühlten Getränken, dank Naturkühlung das ganze Jahr -, eine halbe Wand mit kuriosen, verrückten Bildern und optischen Täuschungen, und beim Zugang eine Bunkertür mit Original-Festungstelefon. Was sich hinter der Bunkertür befindet, darf ich aus Geheimhaltungsgründen natürlich nicht verraten! Dass sich das Relief durch diese Unterkellerung keinen Millimeter gesenkt hat, kann ich als Reichsgeodät bestätigen!
Jetzt könnt ihr, tapfere Reichsritter, edle Reichsdamen erahnen, was für einen Wert das Werk unseres Meisters Käslin für uns darstellt und warum er mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet wird!
Wenden wir uns dem Erbauer des Werkes zu.
Otto Käslin ist vor gut 66 Jahren als ältestes von sieben Geschwistern, mit vier Brüdern und zwei Schwestern – natürlich in Beckenried – aufgewachsen. Schon als Bub hat er sich mit seinem Vater am Sonntag zur Kalkbrennerei Rütenen aufgemacht, um dort das Feuer im Ofen zu unterhalten, auf dass über das Wochenende der Ofen nicht erkalte.
Als aufgeweckter Jüngling hat er eine Tiefbauzeichnerlehre im Ingenieurbüro Aeberli absolviert, zur Zeit, da das Büro mit Ingenieurarbeiten für das Lehnenviadukt und eine mögliche Bahn via Seelisberg ausgelastet gewesen ist.
Da für ihn die Zeichnerarbeit zu „bürolastig“ gewesen ist und er mit Vorliebe draussen ist, hat er auch noch eine Maurerlehre angehängt. Dank dieser doppelten Ausbildung hat er es zum Polier geschafft.
Trotz beruflichem Ehrgeiz und Erfolg hat Otto es nicht unterlassen, nach einer Lebenspartnerin Ausschau zu halten.
In Madeleine Carron hat er seine Partnerin und Ehefrau gefunden; zwei Kinder, Martin und Jolanda, sind aus dieser Verbindung hervorgegangen.
Man könnte denken, unser Baumeister sei 24 Stunden pro Tag an seinem Relief beschäftigt gewesen?! Oh nein, er ist vielseitig: In der Feuerwehr ist er Offizier und Instruktor, in der Feldmusik ist er der „Nette an der Klarinette gewesen. Doch er hat zur Pauke gewechselt; so kann er „auf die Pauke hauen“! Und schliesslich hat er als Kirchenrat wie ein Domherr zum Besten geschaut!
So hat Otto Käslin nicht nur mit der Klarinette den B-Ton gespielt, sondern BETON hat ihn das ganze Leben begleitet: Als Maurer, Reliefbauer, aber vor allem bei den militärischen Festungen, für die er immer eine Schwäche gehabt hat. Selbst beim unterirdischen Zugang zum Keller unter dem Relief hat er einen Zugang zu seinem bereits erwähnten heimlichen Privatbunker – wir haben ihn am Schluss des Films gesehen!
Kurz – Otto Käslin ist Visionär, Planer, Ingenieur, Vermesser, Baumeister, Wasserbauer und Maler in Personalunion!
Leider hat unser Protagonist mit gesundheitlichen Widerwärtigkeiten zu kämpfen; ein Tumor macht ihm zu schaffen. Da staunt man, wie du den Schalk und Humor behalten hast, der sich in vielfältiger Weise in deinem Werk – vor allem im unterirdischen Teil – manifestiert. Auch hast du immer den guten Ton mit deinen Nachbarn gefunden, etwas, was bei deinem „an die Grenzen stossenden“ Werk nicht selbstverständlich ist!
Du hast Besuch vom Fernsehen gehabt, bist in der Zeitung und von vielen gelobt worden; aber Ehrenpreisträger des UGR zu werden, übersteigt natürlich alles!
Wir wünschen dir Otto und auch dir Madeleine weiterhin viel Kraft und Zuversicht. Möge dir deine positive Haltung die Kraft und Ausdauer geben, dein fantastisches Werk zu einem guten Ende zu führen. Das wünschen wir dir alle, der ganze UGR und ich!
Paul Odermatt, Alt-Reichsschultheiss